Biodiversitätsmonitoring von Streuobstflächen
Projekt DivMoSt für die Entwicklung einer neuen Methode zur Erfassung von Streuobstwiesen und der darin lebenden Wildbienen, Tagfalter, Vögel und Fledermäuse in ganz Österreich.
Aufgrund der zunehmenden Intensivierung der Landwirtschaft hat der Bestand extensiv genutzter Flächen stark abgenommen. Streuobstwiesen gehören zu diesen Lebensräumen, die aufgrund ihrer abwechslungsreichen und halboffenen Struktur für viele Tier- und Pflanzenarten von besonderer Bedeutung sind. Obwohl Streuobstwiesen wegen ihrer aufwändigen Bewirtschaftung gefördert werden, sind sie im Vergleich zum Plantagenobstbau oder anderen intensiven Nutzungsformen wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig und daher stark rückläufig. Das Projekt „DivMoSt – BioDiversitätsMonitoring von Streuobstflächen“, das unter Leitung von Sophie Kratschmer des Instituts für Zoologie der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) durchgeführt wird, hat sich daher das Ziel gesetzt, ein bundesweites Monitoringsystem für Streuobstflächen zu initiieren, bei welchem nicht nur unterschiedlichste Tierarten, sondern auch die Streuobstflächen selbst erfasst werden sollen. Bei der Umsetzung des Projektes sind drei Institute der BOKU, sowie die Höhere Bundeslehranstalt (HBLA) und Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg und das Ingenieurbüro für Kulturtechnik & Wasserwirtschaft, Natur & Landschaftsschutz DI Christian Holler eingebunden.
Methodenentwicklung zur Erfassung von Streuobstwiesen
Obwohl Streuobstflächen eine lange Tradition in Österreichs Kulturlandschaften haben, existiert kein aktueller flächendeckender Datensatz über deren räumliche Verortung und Ausmaß bzw. sind Datensätze bestenfalls nur für kleine Teilregionen vorhanden. Christian Holler zur historischen Entwicklung: „Der Bestand an Streuobstbäumen in Österreich lag um 1930 bei ca. 35 Millionen und ging nach letzten Schätzungen bis 2020 auf rund 4,2 Millionen Bäume zurück. Diese Zahlen illustrieren den dramatischen Verlust, der sich über Jahrzehnte bei den Streuobstlebensräumen vollzogen hat“. Franz Rosner von der HBLA und Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg ergänzt: „Mit dem Rückgang der Lebensräume ist neben den erheblichen Folgen für Tier- und Pflanzenarten, auch ein massiver Verlust an Obstsortenvielfalt verbunden. Viele traditionelle alte Sorten werden heute nur mehr in Sortengärten wie z.B. in Klosterneuburg erhalten.“
Die große Bedeutung der Streuobstflächen, sowie der bereits eingetretene und immer noch anhaltende Lebensraumverlust, erfordern die Entwicklung eines geeigneten Monitoringsystems. Darauf aufbauend könnte die Entwicklung der Streuobstflächen im Bundesgebiet laufend dokumentiert und die Einleitung gezielter Maßnahmen ermöglicht werden. „Anhand von 20 Testgebieten mit jeweils 10 x 10 km² Größe, die repräsentativ für Streuobstvorkommen in ganz Österreich sind, wollen wir eine Methode für die flächenhafte Ausweisung von Streuobstflächen erarbeiten, die für ganz Österreich anwendbar ist“, so Markus Immitzer und Franz Suppan vom Institut für Geomatik (BOKU).
Mischung und Vielfalt
Die Mischung aus unterschiedlichen Obstbaumarten mit einer hoher Struktur- und Altersheterogenität macht Streuobstflächen für Tierarten mit unterschiedlichen Lebensraumansprüchen so attraktiv. „Streuobstflächen vereinen die Eigenschaften von extensiven Wiesen- und Waldlebensräumen und sind daher für eine Vielzahl seltener Insekten-, Vogel- und Fledermausarten als wertvolle Jagd- und Quartierlebensräume bedeutend,“ betont Markus Milchram vom Institut für Zoologie (BOKU Wien).
„Besonders Wildbestäuber, wie Wildbienen und Tagfalter, profitieren vom durchgängigen Blütenangebot in Streuobstflächen und gelten als wichtige Indikatororganismen, da ihre Artenzusammensetzung Aufschluss über die Lebensraumqualität des Standortes gibt“, ergänzt Kratschmer. Das Vorhandensein der unterschiedlichen Nahrungs- und Nisthabitaten mit geringer Störung bewirkt ein hohes Insektenaufkommen, das für Vögel und Fledermäuse lebensnotwendige Nahrung darstellt.
Viele Arten dieser Tiergruppen reagierten sensibel auf Umweltveränderungen und sind deshalb auch hervorragend geeignet, um als Indikatoren stellvertretend für die Gesamtheit der vorkommenden Arten Veränderungen in der Artenvielfalt und in den Lebensgemeinschaften abzubilden. Neben direkten Nachweisen in den Streuobstflächen können manche Vogel- und Fledermausarten auch mithilfe von akustischen Aufnahmegeräten erfasst werden. „Im Idealfall können zusätzlich installierte Audiogeräte in Zukunft großräumig eingesetzt werden und einen Einblick geben, wie sich die Artenzusammensetzungen oder das Auftreten von Indikatorarten langfristig in Österreich entwickeln.“ so Eva Schöll vom Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft (BOKU Wien).
Das Projekt DivMoSt soll zukünftig die Entwicklung von Streuobstflächen mittels eines flächendeckenden Datensatzes zum Vorkommen von Streuobstflächen für das gesamte Bundesgebiet erleichtern. Die Erhobenen Biodiversitätsdaten sollen ergänzenden für die Erstellung des österreichischen Biodiversitätsberichtes zur Verfügung stehen, der im Jahr 2026 der Europäischen Kommission vorgelegt werden muss.
Der Projektstart für DivMoSt erfolgte im November 2023 für eine Dauer von 2 Jahren. Das Projekt DivMoSt wird durch den Biodiversitätsfonds des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Europäischen Union gefördert.
Kontakt (Projektleitung)
DI Dr. Sophie Kratschmer
Universität für Bodenkultur Wien
Institut für Zoologie
Email: sophie.kratschmer@boku.ac.at
Telefon: +43 1 47654-83323
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