Der „Sortengarten Burgenland“ im „Obstparadies“
(Christian Holler)
Der „Sortengarten Burgenland“ befindet sich im Ortsteil Kalch der Gemeinde Neuhaus am Klausenbach und liegt damit im südlichsten Zipfel des Burgenlandes, im Dreiländereck zwischen Burgenland, Steiermark und Slowenien.
Der Sortengarten wurde im Rahmen eines Kooperationsprojektes von Naturschutzbund Burgenland, Verein Mostidylle Südburgenland und dem Obstparadies der Familie Lendl aufgebaut. Die Sortensammlung und Errichtung des Erhaltungsgartens erfolgte zwischen 2005 und 2007 und wurde im Rahmen der „Sonstigen Maßnahmen der ländlichen Entwicklung“ von EU, Bund und Land gefördert. Der Sortengarten begreift sich als die regionale Obstsortengenbank für das Burgenland und ist mittlerweile seit ca. 15 Jahren für die Öffentlichkeit zugänglich.
Den Aufwand für die laufende Erhaltung und Pflege des Sortengartens trägt die Familie Lendl aus Eigenmitteln und mit vielen eigenen Arbeitsstunden. Damit übernimmt die Familie – in der mit Rosalinde, Hans-Josef, Evelyn und Philipp zwei Generationen engagiert tätig sind – eine Aufgabe, die der Allgemeinheit dient und die zur Erfüllung der internationalen Verpflichtungen Österreichs im Bereich der Erhaltung der genetischen Ressourcen beiträgt.
Das Obstparadies der Familie Lendl vereint in einmaliger Weise Informations- und Bildungsarbeit mit der Vermarktung von Obstprodukten und mit der Erhaltung der genetischen Vielfalt bei den Obstsorten. Das Obstparadies umfasst eine Mostothek, einen Seminarraum mit angeschlossener Küche, eine Imkerei und den biologisch bewirtschafteten Sortengarten.
Im Obstparadies wird neben dem Kursangebot für Erwachsene das u.a. Obstbaumschnitt- und Veredelungskurse umfasst, auf die Bildungsarbeit für Kinder großen Wert gelegt. Insbesondere wird ein spezielles Programm für Schulklassen mit spielerischer Wissensvermittlung rund um das Thema Obst und Bienen angeboten. Der Sortengarten wurde im Rahmen der Initiative “Blühendes Österreich” zum schönsten Streuobstgarten des Burgenlandes gewählt, zudem ist das “Obstparadies” als “Natur im Garten”-Betrieb zertifiziert.
In der Mostothek werden erstklassige Moste aus der Region und darüber hinaus zur Verkostung angeboten. Nur gold- oder silberprämierte Produkte werden aufgenommen. Damit wird Most als delikates Spitzenprodukt präsentiert, das den Vergleich mit dem im Burgenland omnipräsenten Wein nicht zu scheuen braucht.
Im Sortengarten Burgenland werden derzeit ca. 260 Obstsorten erhalten, mit ca. 150 Apfelsorten, ca. 50 Birnensorten, davon ca. 1/3 Mostbirnen, über 30 Kirschensorten sowie ca. 25 sonstige Sorten aus der Steinobstgruppe.
Die Auswahl der Sorten, die Gewinnung der Edelreiser und die Dokumentation der Sorten erfolgte durch DI Christian Holler. Für den Sortengarten wurden 400 Mutterbäume in den Streuobstgärten des Burgenlandes erfasst. Der Schwerpunkt lag dabei in jenen Gebieten, in denen der Streuobstbau heute noch von Bedeutung ist. Von den Mutterbäumen wurden Fruchtmuster genommen, die Sorten pomologisch verifiziert und beschrieben. In der Folge wurde die Auswahl für den Sortengarten getroffen. Das Burgenland verfügt über eine hohe Anzahl an Sorten, die nicht in der gängigen Literatur beschrieben sind. Die Erhaltung dieser Sorten, die zum Teil österreichweit einzigartig sein dürften, ist besonders wichtig.
Für das Sortengartenprojekt wurden insgesamt ca. 800 Jungbäume veredelt und an mehreren Standorten ausgepflanzt, wobei das Obstparadies mit 1,6 ha den Hauptstandort darstellt und die anderen Standorte zur Absicherung von Duplikaten dienen.
Hauptaugenmerk der Sammlung ist es das typisch burgenländische Sortiment unter besonderer Beachtung seltener bzw. unbeschriebener und pomologisch nicht zuordenbarer Sorten zu erhalten. Demzufolge sind ca. 140 Sorten unter ihren pomologischen Bezeichnungen inventarisiert (Sorten deren Bestimmung unzuverlässig ist sind dabei entsprechend gekennzeichnet), ca. 20 Sorten sind unter Baumschulbezeichnungen und ca. 100 Sorten unter Arbeitsnamen inventarisiert; Letztere repräsentieren die unbeschriebenen bzw. pomologisch nicht zuordenbaren Sorten.
Der Sortenkatalog samt Fotos und Kurzbeschreibungen zu den Sorten, war bis vor Kurzem unter www.sortengarten-burgenland.at allgemein frei zugänglich; aus technischen Gründen ist der Zugriff derzeit leider nicht möglich.
Der Sortengarten Burgenland ist in die Zusammenarbeit der österreichischen Obst-Genbanken im Rahmen der ARGE-Streuobst eingebunden. Im Zuge des derzeit anlaufenden nationalen Projekts zur vergleichenden molekularbiologischen Aufarbeitung der österreichischen Obst-Genbanken unter Federführung der Arche Noah, wird auch das Sortiment des Sortengarten Burgenland bearbeitet.
Führungen im Sortengarten sind bei Voranmeldung gegen ein geringes Entgelt möglich (Teilnahme von mindestens 10 Personen oder Entrichtung eines pauschalen Mindestbeitrages).
Kontakt:
Obstparadies und Sortengarten Burgenland
A-8385 Neuhaus am Klausenbach, Kalch 39
Tel. 03329/2665, E-mail: office@obstparadies.at